Modell 123 aus Burda Style 09/2014

Nach nun über 30 Jahren Näherfahrung habe ich endlich beschlossen, mein erstes Dirndl zu nähen. In der Vergangenheit habe ich nie die Zeit dazu gefunden oder hatte einfach zu viel Respekt vor so einem traditionsreichen Kleidungsstück gehabt.

Doch wir befinden uns in Corona-Zeiten und da kann man endlich auch mal Dinge tun, die man vielleicht immer vor sich her geschoben hat. So wie mein Dirndl-Projekt.

Leider hatte ich keinen Original-Schnitt für ein Dirndl auf Lager, aber ich hatte einige Schnitte aus meiner großen Burda Style Bibliothek. Das Modell 123 aus der Burda Style 09/2014 hat mir sofort zugesagt. Es scheint ideal für mein erstes Dirndl, das eher in die Richtung Arbeitsdirndl als Festtagsdirndl gehen soll. Daher gefiel mir vor allem das Leiberl, das ehr höher geschlossen ist und nicht so tief ausgeschnitten ist, wie ein klassisches Münchner Dirndl. So kann ich es auch ohne Bluse tragen. 

 

 

 

Da das Leiberl hauteng sitzen muss, wusste ich sofort, dass ich mir vorab ein Probemodell nähen  werde. Das Nähen ging schnell von der Hand und obwohl das Oberteil ein paar Falten gezeigt hatte, machte das Standard-Modell einen guten Eindruck. Doch leider habe ich diese kleinen Fältchen etwas unterschätzt…

 

 

Da ich das aber zu diesem Zeitpunkt nicht wusste, machte ich mich gleich an den Zuschnitt des Original-Modells. Ich habe mich für einen dünnen Baumwoll-Stoff mit kleinem Muster für das Leiberl, einen feinen unifarbenen Batist für das Futter, einen weiteren gemusterten, dünnen Baumwoll-Stoff für den Kittel (Rock) und einen unifarbenen Baumwoll-Stoff für die Schürze entschieden. Diese Entscheidung traf ich recht pragmatisch, da die Stoffe relativ günstig waren und für ein Dirndl passend aussahen. Alle Stoff für das Projekt habe ich von der Buttinette, bestellt. Nach späteren Recherchen und einem Besuch bei einer echten traditionellen Weberei, würde ich mich heute jedoch nicht mehr für einen dünnen 100% Baumwoll-Stoff für ein klassisches Dirndl entscheiden. Ich hab mich leider Hals über Kopf in die hochwertigen Dirndl-Stoffe aus Schurwolle verliebt…

Da meine aktuelle Stoff-Auswahl für das Dirndl fast zu 100 % aus Baumwolle besteht, habe ich diese vor dem Zuschnitt erst einmal gewaschen, getrocknet und noch einmal glatt gebügelt. Danach habe ich sowohl das Leiberl, als auch das Futter ausgeschnitten. Die einzelnen Teile des Leiberls habe ich mit Vlieseline G710 verstärkt. Da ich das Dirndl von Anfang an „richtig“ nähen wollte, habe ich zudem einige Paspeln genäht, die ich in die Wiener Naht und dem Rückenteil integrieren wollte.

Nun hat sich meine jahrelange Näh-Erfahrung bemerkbar gemacht. Denn sowohl das Futter, als auch das Leiberl waren schnell genäht. Doch dann zeigte sich, dass sich dank der Verstärkung des Stoffs, jede noch so kleine Falte unschön abzeichnete…

Also was tun? Naja, das einzige, was man machen kann. Jede kleine Falte analysieren und abstecken.

Letztendlich musste ich den Brustabnäher vergrößern und eine Anpassung an der Wiener Naht vornehmen, die Schulternaht etwas abflachen und den Rücken etwas begradigen.

Um die Änderungen auf das Schnittmuster sauber übertragen zu können, habe ich das Modell noch einmal aufgetrennt und die Änderungen auf den Papier-Schnitt übernommen.

Brustabnäher vergrößern und Anpassung an der Wiener Naht

Schulternaht abflachen

Rückennaht abflachen

Für das neue Schnittmuster habe ich mich bzgl. der Nahtzugaben dann an den klassischen Richtlinien des Dirndl-Nähens gehalten. Anders als bei den Burda-Schnitten gibt es hier viel mehr Unterscheidungen. Was bezüglich des traditionellen Nähens gerechtfertigt ist.

Und genau hier begann meine Abnabelung vom Burda-Schnitt. Nach vielen Recherchen und mit der Erstellung des neuen Schnittmusters begann ich mit der klassischen, traditionellen Nähen eines Dirndls. Und letztendlich war genau das mein Ziel!

Ich wusste schon immer, wenn ich mit dem Dirndl-Nähen beginnen werde, dann nur mit Respekt zur Tradition. Das finde ich ganz wichtig.

Nachdem ich das neue Schnittmuster zu Papier gebracht habe, entschloss ich, ein erneutes Probemodell zu nähen. Dieses Mal aus einem leichten Baumwoll-Karo, das ich noch auf Vorrat hatte. Und was soll ich sagen? Ich bin begeistert!

Gleich nach Fertigstellung des zweiten Test-Leiberls habe ich eine erneute Stoff-Bestellung bei der Buttinette aufgegeben. Dieses Mal habe ich mich aber für einen unifarbenen Baumwoll-Stoff für das Leiberl entschieden. Da ich das Leiberl im Fadenlauf zuschneiden muss, sah das erste Test-Leiberln leider nicht so gut aus. Der Musterdruck war anscheinend etwas unsauber aufgebracht und daher sah der Musterverlauf am fertigen Test-Mieder nicht sauber aus. Das macht den Unterschied zwischen gedruckten Stoffen und gewebten Stoffen aus. Und dafür zahlt man eben auch den Preis. Aber das ist kein Problem. Wie gesagt, ich habe dieses Problem jetzt umgangen und nun für mein erstes Dirndl einfach einen unifarbenen Stoff bestellt. 

Ich freu mich schon darauf, das leichte Baumwoll-Dirndl fertig zu stellen. Wenn meine neue Stoff-Lieferung bald eintrifft. Bis dahin darf das Dirndl  an der Puppe gesteckt bleiben und mich erfreuen.